Aufbau von Naturschutzbund-Gruppen

„In allen Teilen der DDR haben sich in den vorangegangenen Wochen Initiativgruppen zur Gründung von Naturschutzverbänden konstituiert.“
– Nabrowsky

„… kam es also am 13. Juni 1990 in Schwedt zur Gründung des Kreisverbandes des Naturschutzbundes, eigentlich, nach den Prinzipien und Grundsätzen des im März gegründeten Landesverbandes Brandenburg. Das haben wir so übernommen, die Dokumente und die Unterlagen. Und ich glaube, an der Gründungsversammlung das waren also eine ziemlich rund 30 Leute. Die Eintragung ins Vereinsregister erfolgte dann am 12. November 1990. Und, ja, hier haben wir die Liste, also das sind doch 25 Teilnehmer gewesen ganz genau. Und da wurde dann auch der Vorsitzende gewählt und der Schriftführer, zweiter Vorsitzender, Kassenwart, also nach den Prinzipien des Vereinsrechts. Das war ja damals für uns gar nicht so normal. Das war für uns auch neu, nach Vereinsrecht jetzt eine Gründung vorzunehmen und die Urkunde müsste ja auch bei Ihnen in den Unterlagen sein dann vom 12. November 1990.“
– Dr. Rotraud Gille, Interview v. 9.9.2015

Das Zivilgesetzbuch der DDR aus dem Januar 1976 erlaubte zwar die Gründung und Tätigkeit von Vereinigungen, im Alltag wurde davon jedoch nur wenig Gebrauch gemacht. „Die Masse war entweder im Kulturbund organisiert oder sie waren im VKSK, des Vereins für Kleintierzüchter und so weiter. … Für uns war ja das ganze Vereinsleben etwas völlig Neues, das ganze Vereinsrecht war etwas völlig Neues.“ [1] Dennoch wuchs im Wendejahr 1990 bei vielen Naturschützern der DDR der Wunsch, eigene Vereinsstrukturen aufzubauen.

Zu denen, für die die Zeit reif war und die sich verselbständigen wollten, gehörte der Herpetologe Heinz Nabrwosky. „In allen Teilen der DDR haben sich in den vorangegangenen Wochen Initiativgruppen zur Gründung von Naturschutzverbänden konstituiert“, stand in der Einladung, mit der er im Namen der Initiativgruppe Berlin für den 10.3.1990 in den Hörsaal 222 des Ost-Berliner Naturkundemuseums zur Gründung des „Naturschutzverband der DDR“ einlud. Ziel der Veranstaltung sollte es, durch „ein koordiniertes Handeln aller am Schutz der Natur Beteiligten diese Situation [zu] verbessern“. Die Anwesenden wählten einen vorläufigen Vorstand mit Heinz Nabrowsky an der Spitze. Die Marschrichtung war klar: Möglichst viele Experten und Laien aus den Fachausschüssen, Fachgruppen und Arbeitskreisen des Kulturbundes sollte eine neue „Heimat“ gegeben werden.

Während in Berlin die Diskussionen um die Satzung des neuen „Naturschutzbund der DDR“ noch andauerten, erfuhr Nabrowsky in einem Telefonat von Dr. Justus Oertner, der sich zeitgleich mit Gleichgesinnten im Leipziger Naturkundemuseum zur Gründung eines Landesverbands der drei sächsischen Bezirke im Naturschutzbund der DDR zusammengefunden hatte: „Wir sind schon fertig. Alles klar. Alles wieder nach Hause gegangen“ [2]. In Leipzig waren fast 30 Naturschützer der Einladung von Klaus Handke, Dr. Justus Oertner und Gerhard Fröhlich gefolgt. Neben Dr. Oertner und Gerhard Fröhlich wurden Rolf Kretzschmar und Dr. Leglar zum Vorstand gewählt.

Der Landesverband Brandenburg formierte sich am 31.3.1990.

Die konzeptionellen Überlegungen, die sich mit der Gründung des Naturschutzbunds der DDR verbanden, hatte Dr. Heinz Litzbarski vom BFA Ornithologie bereits in einem Schreiben vom 23.2.1990 an Heinz Nabrowsky dargelegt. Angestrebt werden würde ein Naturschutzbund, „in dem alle interessierten FG, AG, o.ä, Einzelpersonen und Fördermitglieder tätig“ sein könnten. Innerhalb des Verbandes sollten sich Basisgruppen bilden, die „weitgehende Selbständigkeit“ und „große Finanzhoheit“ erhalten und „als Glieder des Naturschutzbundes auch als juristische Person“ gelten würden. Obwohl sich die DDR nicht in Länder gliederte, war die Bildung von „Landesstrukturen“ bereits ins Auge gefasst, um „bei einer Einheit Dutschlands eine nahtlose Verbindung mit dem Naturschutzverband DBV“ eingehen zu können.[3]

Selbständige Basisgruppen gründen sich

Angeregt durch Kontakte, die auf dem deutsch-deutschen Umweltreffen in Berlin geknüpft worden waren sowie die Gründung des Naturschutzbunds Brandenburg, triebt das Ehepaar Dr. Rotraud und Dr. Helmut Gille zusammen mit Gleichgesinnten in Schwedt die Gründung eines Naturschutzbund-Kreisverbands voran. Am 13.6.1990 fanden sich „rund 30 Leute“ zur Gründungsversammlung zusammen und am 12.11.1990 erfolgte die Eintragung ins Vereinsregister [2]. Im damaligen DDR-Kreis Arnstadt gehörte Lutz Reißland zu den Kulturbund-Naturschützern, die sagten „Ja, wir müssen mal was gründen“, um dann in Thüringen Ortsgruppen und Kreisverbände ins Leben zu rufen. [3]

Fußnoten:

[1] Dr. Dientrich v. Knorre, Interview v. 11.8.2015
[2] Heinz Nabrowsky, Interview v. 5.10.2015
[5] Dr. Heinz Litzbarski, Brf v. 23.2.1990
[4] Hans-Jörg Wilke, NABU-Regionalverband Schwedt, Interview v. 9.9.2015
[5] Lutz Reißland, Interview v. 8.11.2015

 

Text: Ralf Schulte

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