Hubertus Meckelmann und Christian Unselt über die Rolle des NABU bei der Unterschutzstellung militärischer Übungsplätze
Schutz der Übungsplätze
„… die hatten zwei Trabants, einen Wartburg und einen B1000 als Dienstwagen und Mobiliar von der NVA bekommen. Und die topografischen Karten, bergeweise topografische Karten.“
– Christian Unselt, Interview v. 21.10.2015
Der Naturschutzwert der DDR-Übungsplätze
Als Bundesumweltminister Töpfer den Begriff „Tafelsilber der deutschen Einheit“ prägte, da hatte er dabei jene 14 Gebiete im Blick, die der Ministerrat der DDR am 12.9.1990 durch seinen „Beschluss zu den Verordnungen über die Festsetzung von Nationalparks sowie Naturschutzgebieten und Landschaftsschutzgebieten von zentraler Bedeutung als Biosphärenreservate und Naturparks“ für den Naturschutz sicherte und die am 18.9.1990 Eingang in die Zusatzvereinbarung zum Einigungsvertrag fanden.
Im weiteren Sinne gehören zum „Tafelsilber der deutschen Einheit“ aber auch ökologisch wertvolle Gebiete auf dem Territorium der ehemaligen DDR, mit deren naturschutzfachlicher Bewertung in den Wendemonaten begonnen wurde, deren Schutz jedoch erst in einem zweiten Schritt gelang.
Als Bundesverteidungsminister Dr. Gerhard Stoltenberg am 12.11.1990 bekannt gab, welche Bundeswehr-Liegenschaften abgestoßen werden sollen, da befanden sich darunter auch über 25.000 Hektar Militärflächen, die „voraussichtlich von hohem Naturschutzwert sind, über die aber kaum diesbezügliche Kenntnisse vorlagen“. Der Naturschutzbund Deutschland beauftragte den erfahrenen forstlichen Standortkartierer Ernst Pries aus Templin mit der Untersuchung der Flächen.
Da das Betreten der Militärgebiete nicht möglich war, bediente sich Pries der „Standorterkundungsmethodik, die ja in der DDR entwickelt worden war. Er machte Potenzialanalysen, indem er u.a. Bodenkarten auswertete und daraus Schlussfolgerungen für den ökologischen Wert ableitete. Von den insgesamt 22.000 Hektar, die der Analyse unterzogen wurden, wurden „rund 10.600 Hektar (rund 50%) von größtem Naturschutzwert ermittelt. Die im Selbstdruck erstellte Broschüre „Naturschutz und Truppenübungsplätze der ehemaligen NVA“ dokumentierte auf 20 Seiten die Ergebnisse.
Die Übungsplätze der GSSD
„In einem weiteren Schritt hat die ökologische Analyse und Bewertung der Truppen- und Standortübungsplätze der Gaststreitkräfte der Sowejetischen Armee auf dem Gebiet der fünf neuen Bundesländer zu erfolgen.“ Quasi als Antwort auf diesen von Ernst Pries zum Abschluss seiner Studie formulierten Auftrag gründeten der Bundesverband und die Landesverbände des Naturschutzbund Deutschland im Jahr 1991 das „Institut für Ökologie und Naturschutz (I.Ö.N.)“.
Es hatte seinen Sitz in Gosen bei Berlin. Vorstand des Vereins war der Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbund Deutschland e.V., Günter Mitlacher. Prof. Dr. Michael Succow übernahm als Direktor die Institutsleitung. Die Geschäftsführung lag in den Händen von Johannes Schwarz.
Aufgabe des I.Ö.N abgekürzten Instituts war es, die Naturschutzarbeit in den neuen Bundesländern durch die Erstellung von Gutachten sowie die Bearbeitung von Forschungsprojekten zu unterstützen. Mit Hilfe von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen konnten 15 ABM-Kräfte beschäftigt werden. Sie bearbeiteten u.a. ein in Zusammenarbeit mit der „Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (BFANL)“ sowie den Landesumweltämtern der fünf neuen Länder initiertes Projekt „Erfassung und Bewertung des Naturschutzpotentials militärisch genutzter Flächen in den fünf neuen Bundesländern“.
Bis zum Jahre 1992 untersuchten die Fachleute des I.Ö.N. 15 Truppenübungsplätze mit einer Gesamtfläche von fast 60.000 Hektar. Die Ergebnisse war so überzeugend, dass Prof. Dr. Michael Succow im November 1992 in Berlin vor die Presse trat, um auf die besondere Bedeutung der Truppenübungsplätze für den Naturschutz hinzuweisen. Da sie große unzerschnittene Naturräume darstellen, sollten sie nach Aufgabe der militärischen Nutzung „als weitere Bausteine für ein bundesweites System von Großschutzgebieten“ betrachtet werden.
Mit dem Auslaufen der ABM-Maßnahmen und dem Abschluss der Kartierungen rückten Zukunftsfragen immer stärker in den Vordergund. Im April 1993 übernahm Christian Unselt die Geschäftsführung des Instituts. Unter seiner Verantwortung wurde der Sitz von Gosen nach Eberswalde verlegt. Das Namenskürzel änderte sich in IfÖN.
Text: Ralf Schulte